Den Wunsch, nicht mehr trinken zu wollen (Am liebsten wäre ich allerdings eine maßvolle Alkoholgeniesserin ausschließlich in Gesellschaft, aber das ist leider nicht mein Weg.), habe ich schon seit vielen Monaten, beinahe Jahren. Seit mir bewusst wurde, dass ich ein ernsthaftes Alkoholproblem habe – Und dafür brauchte ich noch nicht einmal einen der zahlreichen Internettests zu beantworten, um das herauszufinden. – suchte ich verzweifelt nach einer Lösung, um akzeptabel weitertrinken oder besser: mir damit weiterhin in die Tasche lügen zu können. Theoretisch gibt es für mich nur eine einzige: komplett auf Alkohol zu verzichten und das für den Rest meines Lebens. Aber dennoch wälzte ich einen Katalog von Alternativen und Scheinauswegen in meinem Kopf hin und her. Ich kannte die Wahrheit und wollte sie nicht wahrhaben. Bis jetzt.

Wie kommt das? Warum jetzt? Ich habe unzählige Bücher zum Thema gelesen, sogar die Grundlektüre der Anonymen Alkoholiker (Das Blaue Buch) gekauft und drin herumgeblättert und immer alles für richtig und wichtig befunden. Nach meinem Rückfall im Januar dieses Jahres nach drei trockenen Monaten habe ich mich unglaublich vor mir selbst geschämt und alle Literatur dazu in eine große Kiste verbannt. Nicht sehen = nicht existent.
Nun ist mir kürzlich wieder ein Buch „über den Weg gelaufen“. Es sollte wohl so sein: „Chianti zum Frühstück – Eine Frau hört auf zu trinken und fängt an zu leben“ von Clare Pooley. Ich habe es gelesen, quasi verschlungen, Sätze unterstrichen, angemerkt, und mich in beinahe Allem wiedergefunden. Das Beste daran: Nicht das Buch hat mich zum Aufhören animiert, ich hatte mich bereits einige Tage zuvor auf den Weg in mein alkoholfreies leben begeben, aber es gibt mir so viel Mut und Hoffnung, weiterzulaufen. Egal wie beschwerlich alles wird. Denn unterwegs wird es mir dennoch Tag für Tag physisch und psychisch besser gehen, verspricht mir Clare in die Hand. Ich darf alles tun: langsam laufen, rennen, stehen bleiben, aber währendessen NIE MEHR einen Tropfen Alkohol trinken. Auch nicht, wenn ich meine, ich wäre längst am Ziel.

Um es noch einmal anzugehen und dieses mal mit festem Willen, bedurfte es keines anderen äußeren Einflusses außer dem „Jahrestag“ meines vorangegangenen und gescheiterten Versuches aus dem Vorjahr. Der 1. Oktober war ein hervorragender Tag zum Aufhören wie jeder andere auch und ich habe das spontan entschieden. Okay, mit ein bisschen Starthilfe: Ich hatte für die ersten Tage meinen Freund zu Besuch im Haus und wollte nicht durch Trinken aus der Rolle fallen. Denn mein Partner trinkt gar keinen Alkohol und somit fällt eine große Versuchung weg, am Abend oder zum Essen gemeinsam eine Flasche Wein zu leeren. Alleintrinker in einer Zweisamkeit ist doof.