Liebe Welt,

letzter Eintrag in diesem Jahr. Wow. Kürzlich sagte jemand „Je älter man wird, um so schneller verfliegt die Zeit.“ Vermutlich hat er Recht. ;o)

Nun habe ich doch ein paar Neujahresvorhaben für 2020 auf einen Zettel geschrieben. Alles überschaubar. Ich möchte das Sportabzeichen ablegen, vielleicht noch mal einen Halbmarathon unter besseren Voraussetzungen laufen, meinen Dachboden (den echten) entmüllen und sowieso viele ungenutzte Dinge entsorgen, verschenken oder verkaufen. Ich möchte mir wieder eine Woche Wellness-Urlaub gönnen und mit meinem Sohn eine Stadt in Europa besuchen. Vielleicht London. Bücher lesen und Freundschaften neu beleben. Zu viel ist liegen geblieben in den vergangenen Jahren. Nichts davon ist (theoretisch) zu groß oder zu unrealistisch.
Ich möchte mir ein Vision-Board basteln. Aber nicht mehr heute.

Aber an erster Stelle bleibt ein Ziel: abstinent bleiben.

Gestern noch habe ich gehadert wegen der Zweifel, die mich plagen. Dann habe ich lange nachgedacht und mir sind für mich einige Antworten eingefallen: Alkoholismus ist eine Suchterkrankung und darum geht’s. Nach einer langen schweren Krankheit braucht es immer eine lange lange lange Zeit, um davon zu genesen. Da sind auch Nebenwirkungen und Rückschläge während des Heilungsprozesses völlig normal. Ich muss mir, meinen Körper und meiner Seele, einfach genügend Zeit geben, um mich vom jahrelangen Missbrauch zu erholen. Drei Monate sind viel für mich, aber lange nicht genug.

„Nur“ nicht trinken reicht nicht: eine Inventur meines Lebens wird nötig sein, um die Ursachen so gut es geht zu ergründen und mich dabei endlich kennen und lieben zu lernen.
Ich darf für meinen Selbstfürsorge egoistisch werden und sein und die stetige Verantwortung für andere an sie zurückgeben. Nicht mehr „Ja“ sagen, wenn ich „Nein“ denke. Auch das ist ein Prozess.
Meine Depressionen und der Rückzug in mein inneres Haus gehören zum Entzug und sind hoffentlich nur Episoden. (Aktuell verschließe ich mich in mir wie eine Auster und schaffe soziale Oberflächlichkeit nur schwer.)

„Da draußen“ weiß beinahe niemand von meiner Sucht, nicht einmal mein Partner, und das ist irre anstrengend, den Weg ohne Alkohol mit einem mühsam angeknipsten Alltagslächeln zu bewältigen. Aber: Nüchternheit (unabhängig von psychoaktiven Substanzen) ist die Fähigkeit, friedvoll, freudvoll und behaglich mit sich selbst leben zu können“. Das ist Nüchternheit. (Zitat aus dem Buch „Eine neue Brille”). Das ist mein Ziel.

Und eines, das Wichtigste für mich, habe ich auch schon gewonnen: Ich fühle seit meiner trockenen Zeit diesen unerträglichen Selbsthass nicht mehr.

Danke fürs Lesen. Ich wünsche uns viel Kraft und Liebe und Mut. Kommt zuversichtlich und gesund in das neue Jahr.

Eliza