Guten Morgen, ihr Lieben,
ich hab einen Lauf… Kurz vor Weihnachten hat sich mein Staubsauger verabschiedet, dann die Erdbeertasse und heute gab es vom Wasserkocher einen riesigen Knall samt Stromausfall. Zum Glück ist der Sicherungskasten gleich nebenan und ich war nicht komplett lahm gelegt. Ich hab nicht aufgepasst und den Wasserkocher auf die noch heiße Herdplatte gestellt, auf der ich kurz zuvor gekocht hatte. Zack, haben sich das Plastik und die Kabelummantelung sozusagen verdünnisiert. Verflixt.
Aber positiv gedacht: Heute ist Samstag und beim Discounter gibt’s gerade Wasserkocher im Angebot. Funktional und in puristischer Optik. Nunja. Mein alter Gefährte war nostalgisch designt – dickbäuchig mit Rundgriff und Metalltülle – und in blassem Türkis emalliert. Das Aussehen ist nun nebensächlich; nützt ja nix, denn ich brauche den Kocher lebensnotwendig für meine täglichen Kaffee- und Teemengen.
Ich mag nun aber gar nicht abergläubisch sein, nicht mal auf Murphys Gesetz. (Demzufolge würde sich die Serie defekter Haushaltsgegenstände in den nächsten Tagen munter fortsetzen… Ooooh, bitte nicht.)
Als Suchtgefährdete balanciere ich trotzdem immer zwischen gesundem Misstrauen und verschrobener Paranoia. Kürzlich bekam ich eine Mozartkugel geschenkt, eine so leckere Pralinenkreation aus Marzipan, Nougat und Schokoladenüberzug. Aber anstatt einfach nur zu genießen, habe ich erstmal gegoogelt, ob da Alkohol drin ist. Ist es nicht. Bei gefüllten Likörpralinen, Schokolade oder Gebäck sagt zum Glück oft bereits der Name aus, dass ich davon die Finger lassen sollte.
Aber es ist unglaublich, worin sich Alkohol noch so einschleicht. Beim Discounter habe ich nicht schlecht gestaunt: Es gab vergangene Woche Sportzubehör, darunter Proteinpulver und Riegel. Auf der Zutatenliste der Riegels waren mehrwertige Alkohole aufgeführt. Mich hat das sofort abgeschreckt. Beim späteren Googeln fand ich dazu die Definition, dass diese sogenannten Polyole auch bekannt sind als Zuckeresatzstoffe Isomalt, Erythrit, Xylit, Lactit, Maltit, Mannit oder Sorbit. Letzteres findet sich auch in meinen zuckerfreien Kaugummis, die ich mit Hingabe kaue. Ich bin verunsichert.
Andereseits denke ich, dass diese Spuren von versteckten Alkoholen in meinem Essen meine Abstinenz nicht gefährden. Dazu gehört bei mir mehr, meine ich. Ein Kaugummi löst in mir nicht das wolkige Gefühl im Kopf aus wie der erste Schluck Wein. Ebensowenig wie ein Glas alkoholfreier Sekt oder Bier. Das triggert mich nicht. Zumindest war es so, als ich damit mal konfrontiert war. (Würde ich aber jeden Abend oder öfter alkoholfrei trinken, würde sich mein Suchtgedächtnis ratzfatz an das Ritual des Trinkens erinnern und ein Rückfall zum echten Stoff wäre sicher schneller vorprogrammiert. Beim Rauchen verschafft oftmals allein das Ziehen an der – welcher Art auch auch immer – Zigarette bereits eine gewisse Befriedigung und daraus Abhängigkeit. Das Dopamin lauert überall.)
Aber ja, es gibt so viele andere Menschen, die ihre Trockenheit um jeden Preis schützen möchten und darum auf jegliche Art einer möglichen Gefährdung verzichten. Sie essen nicht enmal mehr Marzipan, weil es da auch Unterschiede in den Zutaten gibt.
Trotzdem bleibe auch ich auf der Hut. Auf Inhaltsstoffe zu achten, mir unbekannte Speisen bei einer privaten Einladung oder im Restaurant nach Alkohol zu erfragen, selbst nicht mehr mit Alkohol zu kochen, um die Regale im Supermarkt einen großen Bogen zu machen oder wenigstens den Blick abzuwenden, wenn ich die Weinflaschen passieren muss, keine losen, mir unbekannte Pralinen oder Plätzchen (Rumgefahr!) einfach zu essen, sondern eher, schweren Herzens zwar, aber besser unverkostet wegzuwerfen… Ich mag das Schicksal ja nicht herausfordern.
Es mag sich hier vielleicht anders lesen, aber Alkohol beherrscht nicht tagtäglich 24 Stunden lang mein Denken. Am Anfang des Weges war er präsenter, aber nun ist das Thema irgendwie in meinen Alltag integriert. Situationen, in denen ich achtsamer sein muss, gibt es nur temporär. Das Meiste ist schon in eine Art Automatismus übergegangen. Ein bisschen wie Auto fahren: Ich schalte und kupple und reagiere ohne nachzudenken. Tägliche Strecken sind mir bekannt; ich weiß, vor welcher Kurve ich besser vom Gas gehe, wo ich beschleunigen kann, wo Gefahren wie mobile Blitzer oder ein Wildwechsel in der Dämmerung lauern könnten… Fahre ich eine andere, mir fremde Tour, bin ich achtsamer. Und es gibt brenzlige Situationen im Straßenverkehr, in denen ich blitzschnell reagieren oder abwägen muss und danach tief durchatme, weil es glimpflich ausgegangen ist. Irgendwie so. Mit jeder Erfahrung lerne ich dazu und werde gelassener.
Ich wünsche euch gute freie Tage (wenn ihr habt)
In Liebe
Eliza